Demokratisch - Offen - Zukunftsfähig

Positionierung und Handlungsempfehlung zum Umgang mit antidemokratischen, populistischen und extremen Parteien, Gruppierungen und Akteur*innen

27. Juni 2024

Als Dachorganisation des Schwimmsportes in NRW und als größter Landesschwimmverband Deutschlands setzen wir uns zusammen mit unseren Mitgliedsvereinen für eine weltoffene, tolerante, vielfältige und demokratische Gesellschaft ein.

Menschenverachtenden, rassistischen, rechtspopulistischen und rechtsextremen Haltungen und Handlungen werden wir weiterhin deutlich widersprechen und ihnen keinen Raum im Sport geben. Wir fördern durch unsere Arbeit Chancengerechtigkeit sowie Integration und Inklusion.

In unseren Grundsatzdokumenten (z.B. Satzung, Leitbild, Positionspapieren, Ehrenkodex, Jugendordnung) sind die Werte des Sports festgeschrieben. Sie stehen im klaren Widerspruch zur Programmatik antidemokratischer und rechtsextremer Parteien. Mit unseren demokratischen Verbands- und Vereinsstrukturen verfügen wir über ein landesweites Netzwerk, in dem die Werte des Sports gelebt werden können.

Zum Umgang mit antidemokratischen Strömungen und menschenverachtenden Haltungen im Sport beschließen Präsidium und Verbandsbeirat für den Schwimmverband NRW (SV NRW) und seine Schwimmjugend (SJ) die folgenden Maßnahmen:

1.) Personen, die als politische Mandatsträger*innen, Funktionsträger*innen oder aktive Mitglieder von antidemokratischen, rechtspopulistischen und rechtsextremen Parteien oder Gruppierungen erkennbar sind oder sich öffentlich klar gegen die Werte des Sports stellen, werden

  • nicht in Gremien und Arbeitsgruppen des SV NRW und seiner SJ berufen,
  • nicht für die Vertretung des SV NRW und seiner SJ in externen Gremien oder anderen Formen der Außenvertretung nominiert,
  • nicht für Preisverleihungen vorgeschlagen,
  • nicht zu Veranstaltungen eingeladen, bei denen der SV NRW oder seine SJ das Hausrecht ausübt.

2.) Vertreter*innen des SV NRW und seiner SJ werden nicht an Veranstaltungen teilnehmen, die

  • von antidemokratischen, rechtspopulistischen und rechtsextremen Parteien und Gruppierungen organisiert, durchgeführt oder gesponsert werden,
  • Vertreter*innen antidemokratischer, rechtspopulistischer und rechtsextremer Parteien und Gruppierungen die Möglichkeit bieten, sich zu profilieren und rechtspopulistische Inhalte (digital in den sozialen Medien sowie real bei Veranstaltungen) zu verbreiten und zu legitimieren.

3.) In der politischen Öffentlichkeit werden der SV NRW und seine SJ

  • im Fall von politischen Äußerungen, die den Werten des Sports widersprechen, deutlich und kritisch Stellung nehmen,
  • Anfragen oder andere Initiativen im parlamentarischen Raum kritisch begleiten, sofern explizit der Sport und/oder die demokratische Zivilgesellschaft betroffen sind,
  • wenn parlamentarische Instrumente genutzt werden, um Programme, Handlungsfelder oder Personen des organisierten Sports anzugreifen, klar und offen widersprechen,
  • sich ebenso deutlich gegen die Verwendung menschenverachtender, rassistischer und ausgrenzender Sprache („Hate Speech“) sowie die ideologische Umdeutung von Begriffen positionieren,
  • Informationen zu möglichen Unterwanderungsstrategien in unserem Verband durch rechtsextreme und antidemokratische Parteien und Gruppierungen sammeln und transparent machen

4.) Als relevante antidemokratische, rechtspopulistische oder rechtsextreme Parteien in NRW gelten gegeäwärtig z. B. die AfD, Die Heimat (ehemals NPD), Der III. Weg und Die Rechte. Zu antidemokratischen, rechtspopulistischen oder rechtsextremen Gruppierungen sind u.a. Teile der sogenannten „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“, der „Völkischen Siedler“ sowie der „Identitären Bewegung“ zu zählen.

 

Der SV NRW und seine SJ fordern ihre Mitgliedsvereine im Sinne des Schwimmsports und einer demokratischen, diskriminierungsfreien Gemeinschaft auf, antidemokratischen, populistischen und extremistischen Bestrebungen sowie menschenverachtenden Haltungen ebenso entschieden entgegenzutreten und die beschlossenen Maßnahmen zu unterstützen.

 

Schwimmverband Nordrhein-Westfalen e.V.

Präsidium und Verbandsbeirat


Gewalt, Rassismus und Ausgrenzung haben bei uns keinen Platz

01. Februar 2024

In den letzten Wochen erfährt unsere Gesellschaft eine beeindruckende Entwicklung. Hunderttausende von Menschen finden sich in friedlichen Demonstrationen zusammen, um sich vor allem gegen die menschenverachtende Ideologie rechten Gedankengutes zu positionieren. Dieser Bewegung schließen wir uns als Schwimmverband NRW vollumfänglich an und rufen unsere Vereine und deren Mitglieder dazu auf, sich aktiv an entsprechenden Demonstrationen zu beteiligen und öffentlich ein Zeichen gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit zu setzen.

Gemeinsam mit den vielen anderen Sportverbänden und -vereinen stehen wir für eine offene, tolerante und vielfältige Gesellschaft, die auf der unantastbaren Würde eines jeden Menschen basiert. Unser Handeln wird bestimmt vom respektvollen und fairen Umgang miteinander und dem Einstehen für Vielfalt, Demokratie und Menschenrechte. Wir lehnen jegliche Form von Gewalt, Rassismus, Diskriminierung und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit entschieden ab und tolerieren keine unmenschlichen, rechtsextremen Ideologien.

In unseren Vereinen begegnen sich Menschen im aktiven Miteinander um unabhängig von ihrer Herkunft, ihrer Familiengeschichte, ihrer körperlichen Verfassung, ihres Glaubens, ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität gemeinsam Sport zu treiben und Gemeinschaft zu erleben.

Ausgrenzung, Rassismus und Antisemitismus haben bei uns keinen Platz.

Für den Schwimmverband Nordrhein-Westfalen e.V.
Präsidium und Verbandsbeirat


Position des Schwimmverbandes NRW zur ARD-Dokumentation "MISSBRAUCHT - sexualisierte Gewalt im Deutschen Schwimmsport"

22. August 2022

Liebe Freund*innen des Schwimmsports,

sicher seid ihr alle auf irgendeiner Ebene in den letzten Tagen mit der ARD-Dokumentation „MISSBRAUCHT – sexualisierte Gewalt im Deutschen Schwimmsport“ konfrontiert worden.

Die in der Dokumentation gezeigten Fälle sind erschreckend und lassen niemanden unberührt. Jedwede relativierende Kommentierung ist unangebracht. Wir verurteilen jegliche Form von Missbrauch und Gewalt, gleich, ob körperlicher, seelischer oder sexueller Art und nehmen Anteil mit den Opfern, die solch traumatische Erlebnisse erleiden mussten.

Die Schilderungen der in der Dokumentation zu Worte kommenden Opfer zeigen, wie gezielt und direkt Täter*innen vorgehen und wie wichtig es ist, überall da, wo es die Gefahr eines Machtmissbrauches oder der Ausübung von Gewalt gibt, auch im Sport- und Schwimmverein, präventiv zu agieren.

Es wäre naiv zu glauben, es handele sich um Einzelfälle. Gewalt gegen andere und insbesondre sexueller Missbrauch sind leider eine Realität in unserer Gesellschaft. Sport- und Schwimmvereine bilden einen Querschnitt dieser Gesellschaft ab, was auch für die gesellschaftlichen Probleme gilt.

Warum also positionieren wir uns zu der Dokumentation? Es fehlt uns die Anknüpfung an das, was der Titel der Dokumentation zum Ausdruck bringt: Der Bezug zum „Deutschen Schwimmsport“.

Hajo Seppelt erweckt durch die begleitenden Sprecherbeiträge und auch in seinem späteren Kommentar in den Tagesthemen den Eindruck, es handele sich um ein grundsätzliches strukturelles Problem im Schwimmsport, dass überdies von den Verantwortlichen verschwiegen oder vertuscht wird. Getan würde nichts.

Der Schwimmsport im Deutschen Schwimm-Verband wird unterhalb der Bundeskader von den rd. 2.300 Vereinen der 18 Landesverbände getragen. Die Mitgliedsvereine des Schwimmverbandes Nordrhein-Westfalen stellen rd. 1/3 der im DSV aktiven Schwimmer*innen. Wollte man sich ein Bild darüber machen, was in den letzten zehn Jahren im Bereich Prävention interpersonaler Gewalt im Allgemeinen und sexualisierter Gewalt im Besonderen im Schwimmsport geschehen ist, wäre dies in NRW schnell zu recherchieren. Eine Anfrage hierzu hat es beim Schwimmverband NRW nicht gegeben. Auch nicht zu dem in einem Nebensatz erwähnten Fall eines „Trainers aus NRW“.

Die Prävention von und die Intervention bei sexualisierter Gewalt sind für uns keine Tabuthemen! Wir setzen uns seit vielen Jahren aktiv dafür ein, dass gegen sexualisierte Gewalt und Missbrauch an Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen nicht nur im Nachhinein, sondern vor allem präventiv vorgegangen wird. Der Schwimmverband NRW steht für einen aktiven Kinder- und Jugendschutz, sensibilisiert seine Mitgliedsvereine durch Informationsveranstaltungen, Aus - und Fortbildungen für die Thematik und bietet umfassende Hilfestellung, damit Täter*innen keine Chance erhalten. Informationen hierzu sind unter www.schwimmverband.nrw/psg zu finden. Ähnlich wird dies in den anderen Landesschwimmverbänden des DSV gehandhabt.

Dies ist auch unser einziger, wenn auch wesentlicher Kritikpunkt an der Dokumentation: Die Schlussfolgerung, was auf der Ebene des Bundesverbandes geschieht wäre ein Abbild dessen, was auf der Landes- und Vereinsebene stattfindet. Ähnlich wie beim Leistungssport ist dies auch im Bereich der Prävention und Intervention ein Trugschluss, der ein aus unserer Sicht völlig verzerrtes Bild produziert. Und dies ist doppelt fatal.

Auf der einen Seite stößt es die vielen engagierten Ehrenamtlichen, die seit Jahren aktiv alles daransetzen, in ihren Vereinen ein täterfeindliches Umfeld zu schaffen, vor den Kopf, da es ihre wichtige Arbeit durch ein medial breit gestreutes Zerrbild einfach ausblendet. Auf der anderen Seite können so Ängste bei Eltern geweckt werden, die in einer Phase, in der Kinder seit mehr als zwei Jahren nur rudimentär Schwimmen lernen konnten, auf der Suche nach Schwimmkursen für den Nachwuchs sind.

Wir hätten uns gewünscht, dass die Dokumentation neben den unbestrittenen Schattenseiten auch die dem entgegenwirkenden Aktivitäten des (Schwimm-) Sports insgesamt aufzeigt. Die Sportlandschaft in Deutschland hat das Problem der sexualisierten Gewalt bereits seit vielen Jahren als solches anerkannt und stellt sich diesem mit allen gegeben Möglichkeiten entgegen.

Wir sind nicht so blauäugig zu glauben, dass wir dies bei über 27 Mio. Vereinsmitgliedschaften in den Sportvereinen oder rd. 550.000 in den Schwimmvereinen schon flächendeckend gelöst haben. Aber wir haben bereits vieles getan und werden dies auch weiter tun, um Sport für jede*n Einzelne*n als gewaltfreien Raum sicher zu gestalten.

Abschließend noch einige Worte zu den in der Dokumentation beschriebenen Fällen, die den DSV direkt betreffen. Auch wenn der Missbrauch von Jan Hempel schon viele Jahre zurückliegt, gilt es aufzuklären, was innerhalb des DSV damals an Fehlern gemacht wurde und welche Lehren daraus heute noch zu ziehen sind. Die sofortige Freistellung von Lutz Buschkow bis zur Aufklärung seiner Verantwortlichkeit wird von uns unterstützt. Diese Aufklärung ist zu priorisieren und die Ergebnisse sind den Mitgliedern des DSV kontinuierlich mitzuteilen. Gleiches gilt für die thematisierten Vorfälle in Tokio. Auch diese sind ungeachtet der Personen und evtl. negativer Auswirkungen auf sportliche Erfolge oder Ansehen des Verbandes aufzuklären und das Ergebnis der Aufklärung, auch für die Öffentlichkeit, zu dokumentieren.

Im Fall des SV Würzburg ist der gezeigte Einsatz eines verurteilten Sexualstraftäters aus unserer Sicht nicht tragbar. Dies gilt unabhängig von juristischen Spitzfindigkeiten bei der Formulierung seiner aktuellen Tätigkeit. Da der Sachverhalt in der Dokumentation durch den Vorsitzenden des Vereines bestätigt wurde, werden wir beim DSV beantragen, die Befürwortung des Standortes als Stützpunkt für das Freiwasserschwimmen zurückzunehmen und beim Bundesministerium des Innern und für Heimat zu beantragen, den Status abzuerkennen.

In allen Fällen gilt eine Aussage, die auch in der Doku zitiert wurde, vollumfänglich. Verantwortliche, die nicht alles in ihrer Macht Stehende tun, um Vorfälle interpersonaler Gewalt zu verhindern, sind nicht tragbar.

Mit sportlichen Grüßen

Claudia Heckmann                         Elke Struwe
Präsidentin                                      Vizepräsidentin

Karl-Heinz Dinter                            Frank Rabe
Vizepräsident                                  Generalsekretär


Bäder und ihre Bedeutung für die Gesellschaft

14. April 2022

Nach Angaben von Statista gingen im Jahr 2020, also in einem Jahr, in dem Bäder durch die Coronapandemie nur eingeschränkt öffnen konnten, rund 8,88 Mio. Menschen in ihrer Freizeit mehrmals im Monat Schwimmen. Rund 19,71 Mio. Personen ab 14 Jahren gaben an, mindestens einmal im Monat schwimmen zu gehen. Rein rechnerisch wären dies in dieser Altersklasse für NRW rd. 4,3 Mio. Bürger*innen. Diese verteilen sich gleichmäßig über die Altersgruppen. Ebenso nannten 27,9 % der Bevölkerung „Schwimmen“ bei der Frage nach der beliebtesten Freizeitaktivität.[1]

Wenn auch der ein oder andere hierbei im Freigewässer seinem Hobby nachgeht, so wird der große Teil Frei- und Hallenbäder aufsuchen. Daraus lässt sich ableiten, dass für rund 1/3 der Bevölkerung Bäder ein wichtiger Bestandteil der kommunalen Daseinsvorsorge und Teil dessen sind, was eine Kommune ausmacht.

Ergänzend zu dieser subjektiven Perspektive kann man auch die gesamtgesellschaftliche Bedeutung eines Bades betrachten. Bäder sind Orte der „Gleichheit“, die Unterschiede zwischen gesellschaftlichen Gruppen aufheben und diese zusammenführen können. Am treffendsten fasst dies wohl folgendes Statement zusammen: „Im Freibad begegnen sich wie nirgendwo sonst Menschen unterschiedlichster Herkunft und Weltanschauung. Egal, ob SUV oder klappriges Fahrrad – beides bleibt beim Baden vor der Tür. In Badekleidung sind wir alle gleich.“[2] 

Ein öffentliches Bad ist ein „Kulturgut“ und immer auch ein wichtiger Standortvorteil für eine Stadt oder Gemeinde. Bäder sind eben nicht nur ein Kostenfaktor, sondern sie übernehmen soziale, kommunikative und gesundheitspräventive Aufgaben.[3] Ein solches (Frei-) Bad sollte mit derselben Selbstverständlichkeit zur Verfügung stehen wie andere Infrastruktureinrichtungen auch.

Diese grundsätzlich anerkannte Bedeutung der Bäder findet sich in den tatsächlichen Entscheidungen der Kommunen nicht umfassend wieder. Diskussionen zu Bädererhalt, Sanierung, Schließung oder Neubau werden häufig vorrangig von ökonomischen Kennzahlen dominiert oder der abstrakten Berechnung nötiger Wasserflächen auf Grundlage von Sportentwicklungsplanungen. Dass diese Betrachtung aus Sicht der Bevölkerung nicht immer zielführend ist, zeigt sich vor allem in den dann häufig geführten Diskussionen zu geplanten Bäderschließungen, an denen sich regelmäßig Menschen beteiligen, die selbst gar keine aktiven Schwimmer sind. Und immer öfter sind diese Personen auch bereit, sich im Bad zu engagieren, was zu einer Vielzahl von sog. Bürgerbädern und der Gründung eines Netzwerkes Bürgerbäder geführt hat.[4]

Diese Entwicklung scheint aber eigentlich Ergebnis einer nicht immer bedarfsgerechten Bäderinfrastruktur bzw. Bäderpolitik zu sein. Um Schwimmen als Kulturgut zu erhalten ist der Aufbau, Erhalt und vor allem der Betrieb einer angemessenen Bäderinfrastruktur auch außerhalb des Schulsportes unabdingbar. Zur Frage der vorhandenen Infrastruktur bzw. deren Entwicklung hat es in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Erhebungen gegeben, die im Ergebnis einen deutlichen Rückgang der Bäderzahlen feststellen.[5]

 

Ausgehend von der letzten Sportstättenstatistik 2002 ist über das Projekt Bäderleben bis 2021 für NRW ein Rückgang der für die Schwimmausbildung und den Schwimmsport grundsätzlich geeigneten Bäder von 43 % (614 Frei-, Hallen- und Kombibäder) festzustellen[6]. Wenn auch diese Zahl sich nur auf die Bäder insgesamt bezieht und noch keine Aussage zur für die Schwimmausbildung geeigneten Wasserfläche zulässt, ist der Trend eindeutig und wirkt limitierend auf die für die Schwimmausbildung nötigen Wasserzeiten.

Verschärft wird diese Entwicklung durch die jüngste Kommunenstudie der Unternehmensberatung EY, die zu dem Ergebnis kam, dass 17% der Kommunen aktuell die Schließung oder den eingeschränkten Betrieb von Bädern planen.[7]

Nicht seriös bewertbar ist der aktuelle Zustand der noch vorhandenen Bäder. Nach unserer Kenntnis gibt es nur für wenige Bäder eine zuverlässige Bewertung des notwendigen Erhaltungs- und Sanierungsbedarfs. Eine landesweite Erhebung und Zusammenführung wären zwar idealtypisch wünschenswert aber mit enormem finanziellem Aufwand verbunden. Dem könnte man durch interkommunale Zusammenarbeit in den Regionen begegnen. Dabei könnten nicht nur Daten zu Erhaltungs- und Sanierungsbedarf ausgetauscht, sondern auch eine Art regionaler Bäderplan erstellt und eine dauerhafte gegenseitige Beratung etabliert werden.

Auch wäre es sinnvoll einen strukturierten Informationsaustausch mit anderen, auch nicht-kommunalen Badbetreibern und Nutzergruppen zu etablieren. Durch einen kontinuierlichen Vergleich von Prozessen und Methoden könnte eine Art Benchmarking eingeführt werden, indem „Best Practices“ identifiziert und auf die eigenen Belange angepasst und umgesetzt werden.

Der Nutzerkreis kommunaler Bäder beschränkt sich nicht auf die Grenzen einer Kommune. Dies sollte auch für die Betriebsplanung von Bädern gelten. Im Fokus sollten dabei nicht die reinen Nutzerzahlen und unmittelbaren finanziellen Kennziffern stehen, sondern eine Fokussierung auf den Wert, den ein Bad für die Gesellschaft erbringt. Gerade in den Bereichen Integration und Inklusion sowie Gesundheitserhaltung und Freizeitangebot für Ältere sehen wir in einer funktionierenden Bäderstruktur einen großen positiven Beitrag.

Bäderschließungen sind zu vermeiden. Zielsetzung sollte immer der Erhalt und die Modernisierung sein. Hierbei sollten langfristige Finanz- und Investitionspläne erstellt werden, welche die regelmäßige Investition in den Bestand verpflichtend vorgeben, so dass Kippunkte, welche den Erhalt der Bäder nicht mehr sinnvoll erscheinen lassen, nicht eintreten. Dies sollte unterstützt werden durch einen Bäderplan NRW für den Neubau/Ausbau und den Betrieb von Bädern.

Neue Wasserflächen zu erstellen ist eine eher langfristige Option. Kurzfristig sind die tatsächlichen Belegungen der Bäder zu prüfen und ggfs. vorhandene Kapazitäten für die Schwimmausbildung zu priorisieren. Wichtig ist, dass Wasserfläche für die Schwimmausbildung auch für Vereine kostenfrei bereitgestellt wird.

[4] Dominique Bielmeier, Sächsische Zeitung

[5] Uwe Lübking, Beigeordneter für Recht, Soziales, Bildung und Sport Deutscher Städte- und Gemeindebund, Statement Kommunale Schwimmbäder – Unverzichtbarer Bestandteil der Daseinsvorsorge, 2016

[6] Forum Wohnen und Stadtentwicklung 6/214


Zum Status Quo der Schwimmausbildung

08. September 2021

Schon vor den Einschränkungen der Pandemie verließen jedes Jahr rd. 110.000 Kinder in NRW die Grundschule ohne richtig Schwimmen zu können [1]. Für die vierten Klassen des Schuljahrgang 2020/2021 (rd. 152.000 Kinder)[2] ist vom fast vollständigen Wegfall des Schwimmunterrichts auszugehen. Gleiches gilt für die Angebote der Vereine und privaten Schwimmschulen, die nur rudimentär arbeiten konnten. Somit kommt man zu einem „Aufwuchs“ von Nichtschwimmern von rd. 42.000 Kindern. Wendet man darauf den in der Schwimmausbildung üblichen Betreuungsschlüssel von 1:6 an, wären allein 7.000 Angebote mehr nötig, um auf den Stand vor Corona zurückzufinden. Abschließend kann dies aber nicht Ziel sein, da auch dieses Niveau eine immer noch zu hohe Anzahl von Kindern aufweist, die nicht sicher schwimmen können.

Um diesen Herausforderungen zu begegnen ist es nötig, die Anzahl von Schwimmkursen bzw. Schwimmstunden in der Schule als auch in den Vereinen zu steigern. Diese wird limitiert durch die Anzahl vorhandener Ausbilder und der zur Verfügung stehenden Wasserfläche.

Für den Aufbau eines landesweiten Pools an Schwimmausbildern wurde über den Aktionsplan Schwimmen des Landes NRW die Idee der Schwimmassistenzen entwickelt. Ziel dieser Pools ist es, qualifizierte Personen zu bündeln, die in den Schulen den Schwimmunterricht begleiten und die Lehrkräfte unterstützen.

Gemeinsam mit den schwimmausbildenden Verbänden wurden seitens der Landessstelle für den Schulsport einheitliche Mindeststandards festgelegt und Ausbildungen der Verbände als für diese Pools geeignet klassifiziert. Somit ist grundsätzlich eine flächendeckende Ausbildung interessierter Personen möglich. Da diese Ausbildung aber nicht kostenfrei erfolgen kann, ist eine finanzielle Unterstützung der Auszubildenden und/oder der ausbildenden Organisationen zu empfehlen.

Die Ferienschwimmkurse („NRW kann Schwimmen“) sollten ausgeweitet werden, so dass sie nicht nur in den Ferien stattfinden können. Die Vorgaben des Programms für die Vereine sind zu überdenken, da sie, insbesondere wenn die Wasserflächen den Vereinen nicht kostenfrei bereitgestellt werden, dazu führen können, dass die Kurse für die Vereine defizitär sind.

Im Schulsport sollte der Schwimmunterricht auch in den Grundschulen zum Pflichtprogramm gehören und für jedes Kind eine Wasserzeit unter Anleitung von mind. 30 Minuten vorsehen. Um dies und den seitens der schwimmausbildenden Verbände idR empfohlenen Betreuungsschlüssel von 1:6 zu erreichen, ist die Einbindung (und entsprechende Finanzierung) der Schwimmassistenzen in den Schwimmunterricht der Schulen eine sinnvolle Option.

Ergänzend zu den Ausbildungen für die Schwimmassistenzen sollten die Lehrgangsangebote der schwimmausbildenden Verbände auch als Lehrerfortbildung anerkannt bzw. als dafür geeignet empfohlen werden.

Um bereits frühzeitig mit der Schwimmausbildung beginnen zu können, sind sowohl für die Mitarbeiter*innen von Kitas und im offenen Ganztag als auch die Eltern Qualifizierungsangebote zu entwickeln.

Um den Eltern die Auswahl an qualifizierten Schwimmausbildungen zu erleichtern, sind Mindeststandards für die Schwimmausbildung zu definieren die garantieren, dass die Ausbildung das Ziel des sicheren Schwimmens adäquat unterstützt.

Es sollte eine generelle Imagekampagne zur Bedeutung des sicheren Schwimmens auf den Weg gebracht werden. Im Fokus sollten hierbei die positiven Effekte stehen und weniger die Risiken des „nicht schwimmen können“.

 

[1] DLRG Studien Emnid und Forsa 2010, 2014, 2016

[2] Statistik-Telegramm Schulministerium NRW 04/20

Kontakt

Geschäftsstelle

Schwimmverband Nordrhein-Westfalen e.V.
Friedrich-Alfred-Allee 25
47055 Duisburg (Wedau)

T: 0203/393 668 0
F: 0203/393 668 10
E: info@schwimmverband.nrw

Öffnungszeiten

Follow us