PotAS in NRW: Eine interaktive Analyse
Das Potenzialanalysesystem (PotAS) ist ein Kernstück der deutschen Spitzensportreform. Es zielt darauf ab, Fördermittel effizienter zu verteilen und die Talententwicklung wissenschaftlich fundiert und transparent zu gestalten. Diese interaktive Analyse beleuchtet die vielschichtigen Auswirkungen von PotAS auf die Landesfachverbände (LFV) in Nordrhein-Westfalen.
Wir untersuchen, wie sich die Einbindung der LFV in die Betreuung von Bundeskadern intensiviert hat und welche Konsequenzen dies für ihre traditionelle Rolle in der Unterstützung der Mitgliedsvereine und des Breitensports hat. Entdecken Sie die Dynamiken, Herausforderungen und Chancen, die sich aus dieser Neuausrichtung ergeben.
Was ist das Potenzialanalysesystem (PotAS)?
PotAS wurde eingeführt, um ein wissenschaftlich fundiertes und nachvollziehbares Fördersystem im deutschen Spitzensport zu etablieren. Hauptziele sind die Effizienzsteigerung staatlicher Sportfördermittel durch eine striktere Ausrichtung am Potenzial der Athlet*innen und eine objektive Bewertung der Sportdisziplinen. 🔗 🔗
Ziele von PotAS
- Effizientere Allokation staatlicher Mittel.
- Stärkere Ausrichtung der Förderung am Potenzial.
- Objektive Kriterien für die Bewertung von Sportdisziplinen.
- Optimale Förderung und Ausschöpfung athletischen Potenzials.
Entwicklung & Anpassung
PotAS ist ein dynamischer Prozess. Eine unabhängige Expertenkommission bewertet die Disziplinen. Ursprünglich gab es drei Bewertungssäulen:
- Säule 1: Erfolge (vergangene Ergebnisse)
- Säule 2: Kaderpotenzial (zukünftiges Potenzial)
- Säule 3: Struktur der Spitzenverbände
Aufgrund von Analysen wurde die direkte Bewertung der Säule 3 angepasst; sie dient nun eher als Fördervoraussetzung, da ihre direkte Verbindung zum sportlichen Erfolg als nicht ausreichend bewertet wurde. Zukünftige Analysen konzentrieren sich auf Säulen 1 und 2.
Diese kontinuierliche Weiterentwicklung zeigt einen adaptiven Ansatz: Das System lernt und passt sich an, um die Spitzensportförderung evidenzbasiert zu optimieren. Für Landesfachverbände bedeutet dies, agil auf sich ändernde Bundeskriterien reagieren zu müssen.
Die Rolle der Landesfachverbände (LFV) in NRW
Landesfachverbände in NRW sind zentrale Akteure im Sportsystem. Sie organisieren den Sport nach Sportarten, von der Vereinsebene bis zur Talentförderung für den Spitzensport. Ihre Aufgaben sind vielfältig und umfassen sowohl den Leistungs- als auch den Breitensport.
Die LFV sind entscheidend für die frühe Phase der nationalen Spitzensport-Talentpipeline. Sie identifizieren und fördern junge Talente in Landeskadern (LK) und Nachwuchskadern 2 (NK2) und bereiten sie auf Bundeskader vor. Diese Funktion macht sie zu unverzichtbaren Entwicklungszentren. 🔗
Kernaufgaben der LFV in NRW
Primärer Fokus: Breitensport
Aktivitäten: Sicherstellung des Sportbetriebs bis zur Vereinsebene.
Primärer Fokus: Beide (Spitzen- & Breitensport)
Aktivitäten: Identifizierung und Förderung junger Talente, um den Nachwuchs für den Leistungssport zu sichern.
Primärer Fokus: Beide
Aktivitäten: Qualifizierungsangebote für Trainer*innen (LK, NK2), Lizenzverlängerungen.
Primärer Fokus: Spitzensport
Aktivitäten: Direkte Unterstützung und Betreuung von Landeskadern (LK) und Nachwuchskadern 2 (NK2) als Vorstufen für Bundeskader.
Primärer Fokus: Breitensport
Aktivitäten: Ausbau von Bewegungsangeboten für Kinder und Jugendliche; Förderung der Übungsarbeit.
Die LFV stehen vor der Herausforderung, ihren doppelten Auftrag – Spitzensportförderung und Breitensportunterstützung – unter dem Einfluss von PotAS und der Spitzensportreform auszubalancieren. Der Druck zu Leistungsergebnissen kann Ressourcen und Aufmerksamkeit binden.
PotAS & die Bundeskaderförderung durch LFV
Die Spitzensportreform und PotAS haben die Einbindung der Landesfachverbände in die Förderung von Bundeskaderathlet*innen deutlich verstärkt. Die LFV in NRW spielen eine Schlüsselrolle bei der Identifizierung, Entwicklung und Betreuung von Talenten auf ihrem Weg in die nationale Spitze (LK, NK2 zu NK1, PK, OK/PAK).
Verstärkte Verantwortung
LFV sind für die Förderung von Athlet*innen in Landeskadern (LK) und Nachwuchskadern 2 (NK2) zuständig. Sie wenden standardisierte Kriterien an, oft von Bundesfachverbänden vorgegeben.
KPI: Mind. 20% der LK-Athlet*innen pro Saison zu NK2 und NK1 entwickeln (ab 2023).
Finanzielle Ressourcen
Der LSB NRW stellte 2021 rund 8,3 Millionen Euro für die Leistungssportförderung der LFV bereit. 🔗 Diese Mittel fließen in Personal und spezifische Maßnahmen für LK und NK2 (Sichtungen, Trainingslager, Diagnostik, duale Karriere).
Anpassung und Professionalisierung
PotAS wirkt als Top-Down-Einfluss: Bundesförderung basiert auf Potenzialanalysen, was Druck auf LFV ausübt, ihre Talententwicklung an nationalen Zielen auszurichten. Dies führt zu:
- Strategischerer, datengestützter Ansatz im Talentmanagement.
- Professionalisierung des Trainerstabs (Ziel: Festanstellung hauptamtlicher Trainer bei LFV).
- Engere Zusammenarbeit mit Bundesfachverbänden und Olympiastützpunkten.
Obwohl entscheidend für nationale Erfolge, kann die verstärkte Integration in Bundesstrukturen auch indirekte Kosten (z.B. Zeitaufwand für Gremienarbeit) verursachen und Ressourcen von landesinternen Prioritäten, einschließlich des Breitensports, abziehen.
PotAS & die Arbeit für Mitgliedsvereine (Breitensport)
Die Fokussierung auf den Spitzensport durch PotAS wirft Fragen bezüglich der Auswirkungen auf den Breitensport und die Arbeit der Landesfachverbände für ihre Mitgliedsvereine auf. Es bestehen Bedenken hinsichtlich möglicher Ressourcenverschiebungen.
Herausforderungen für den Breitensport
Die "Potsdamer Erklärung" warnt: Mittelkürzungen im Bund gefährden Breite UND Spitze. 🔗 PotAS-Rankings beeinflussen Fördersummen ("Wer oben steht, erhält mehr"), was Anreize zur Priorisierung potenziell erfolgreicher Disziplinen schafft.
Beobachtung in NRW:
Trotz relativ konstanter Mitgliederzahlen deutet der Rückgang der Vereine auf strukturelle Herausforderungen hin.
Zudem wurde während COVID-19 eine Reduzierung der Motivation Ehrenamtlicher beobachtet.
Initiativen des LSB NRW
Trotz des Spitzensportfokus fördert der LSB NRW aktiv Breitensport und Jugendarbeit:
- "Startchance Bewegung", "Bewegungskindergarten"
- "Kinderbewegungsabzeichen (Kibaz)", "Sporthelfer-Programm"
- Unterstützung von "J-Teams" (Jugendteams)
- Förderung der "Übungsarbeit" im Breitensport
- Ziele zur Förderung von Sport für Kinder/Jugendliche und Gesundheitssport (Zielvereinbarung Sport 2023-2027) 🔗
Die enge Verflechtung von Spitzen- und Breitensport ist unbestritten: Spitzenerfolge inspirieren, Breitensport liefert Talente. Jedoch könnte der starke Fokus auf messbare Spitzenleistungen, getrieben durch PotAS, zu einer unbeabsichtigten Vernachlässigung der Breitensportbasis führen, wenn nicht aktiv gegengesteuert wird.
Die starke Abhängigkeit des Breitensports von ehrenamtlichem Engagement (ca. 500.000 in NRW) macht ihn anfällig. Erhöhte Anforderungen durch den Spitzensportfokus könnten die ehrenamtlichen Strukturen zusätzlich belasten.
Das Spannungsfeld: Spitzensport vs. Breitensport
Die Einführung von PotAS und die Spitzensportreform haben das Verhältnis zwischen der Förderung von Bundeskadern und der Unterstützung der Mitgliedsvereine durch die Landesfachverbände in ein deutliches Spannungsfeld gerückt. Es existieren sowohl Synergien als auch Konfliktpotenziale.
Synergien 🤝
- Vorbildfunktion: Spitzensportler*innen als Idole inspirieren zur Sportausübung im Breitensport.
- Talentpipeline: Effektive Talentsichtung im Breitensport speist den Spitzensport.
- Ganzheitliche Förderung: Unterstützung von Bildung & Karrierewegen macht Sport attraktiver.
Konflikte ⚔️
- Ressourcenwettbewerb: PotAS-Rankings beeinflussen Fördergelder, was zu Fokus auf "erfolgreiche" Disziplinen führen kann, potenziell zulasten des Breitensports oder kleinerer Sportarten.
- Nullsummen-Perzeption: Sorge, dass Mittel für den Spitzensport dem Breitensport fehlen (siehe "Potsdamer Erklärung").
- Ungelöste Balance: Die Debatte "Wollen wir mehr in die Breite?" ist politisch noch nicht final entschieden.
Finanzielle Implikationen
Der LSB NRW vergibt Zuschüsse an seine Fachverbände. Die Leistungssportförderung belief sich 2021 auf ca. 8,3 Mio. Euro. 🔗 Der "Förderkatalog Leistungssport" 🔗 fokussiert stark auf LK und NK2.
Schwerpunkte der Förderung laut Bericht:
- Spitzensport-Fokus:
- LSB NRW Leistungssportförderung (Gesamt): ca. 8,3 Mio. € (2021)
- Direkte LK/NK2-Unterstützung: Signifikant
- Elite-Trainerausbildung & -Anstellung: Spezifische Förderung
- Talentidentifikation (Elite-Pipeline): Integriert in LK/NK2-Förderung
- Breitensport-Fokus:
- Allgemeine Vereinsunterstützung: Moderat (Förderung der Übungsarbeit)
- Kinder- & Jugendprogramme: Moderat
- Gesundheits- & Rehasport: Moderat
- Ehrenamtsunterstützung: Moderat
- Indirekte Belastung (beide Bereiche):
- Reisekosten für Beteiligung an Bundesgremien: Nicht quantifizierbar
Diese qualitative Darstellung aus dem Bericht deutet auf eine stärkere finanzielle Gewichtung zugunsten direkter Eliteentwicklung hin, während Breitensportförderung oft über separate, potenziell weniger robuste Programme läuft.
Die Herausforderung liegt darin, eine Balance zu finden, bei der der "Inspirationseffekt" des Spitzensports nicht die Notwendigkeit direkter, solider Investitionen in den Breitensport überschattet.
Herausforderungen und Chancen für LFV in NRW
Die Landesfachverbände in NRW stehen im Zuge der Spitzensportreform und der Implementierung von PotAS vor spezifischen Herausforderungen, aber auch neuen Chancen.
Herausforderungen 🌋
PotAS ist kein statisches System und erfordert kontinuierliche Anpassung an evaluierte und verfeinerte Bewertungskriterien.
Die Interaktion mit einer neuen, unabhängigen Bundesbehörde kann administrative und finanzielle Wege verändern.
Das Ziel, hauptamtliche Trainer dauerhaft bei LFV anzustellen, erfordert signifikante organisatorische und finanzielle Veränderungen.
PotAS-Metriken könnten zur Priorisierung "erfolgreicher" Disziplinen führen, was weniger geförderte, aber kulturell wichtige Sportarten gefährdet.
Chancen ✨
Anerkennung, dass die Vernachlässigung des Breitensports die Talentpipeline gefährdet, schafft Bewusstsein für die Notwendigkeit einer Balance.
NRW-Strategie fördert Kommunikation und Zusammenarbeit. Initiativen wie die Sportstiftung NRW und geplante Treffen (Athleten Deutschland, LSB, OSP) stärken Netzwerke.
Der Druck zur Leistung führt zu einer Professionalisierung, insbesondere im Trainerbereich, was die Qualität der Spitzensportförderung heben kann.
Fazit und Empfehlungen
Die Einführung von PotAS hat die Landesfachverbände in NRW tiefgreifend verändert und sie stärker in die nationale Spitzensportpipeline integriert. Dies ist für die internationale Wettbewerbsfähigkeit wichtig, birgt aber Risiken für den Breitensport, wenn keine ausgewogene Strategie verfolgt wird.
Um die langfristige Gesundheit des Sportsystems in NRW zu sichern, leitet der Bericht folgende Empfehlungen ab:
Dedizierte, von Leistungsmetriken isolierte Förderströme für Vereinsarbeit, Kinder-/Jugendentwicklung, Ehrenamt und breite Bewegungsangebote schaffen.
Umfassende Strategien zur Unterstützung, Weiterbildung und Motivation ehrenamtlicher Trainer*innen im Breitensport (Qualifizierung, Anerkennung, Mentoring).
Systematische Erfassung der Auswirkungen von PotAS auf den Breitensport (quantitativ und qualitativ, z.B. Belastung Ehrenamt, Wahrnehmung Vereine).
Mechanismen zur Unterstützung weniger "erfolgreicher" Disziplinen und Randsportarten etablieren, um Verengung des Angebots zu vermeiden.
Kooperationsstrukturen ausbauen, Synergien nutzen, Doppelstrukturen vermeiden. Transparente Kommunikation über Verantwortlichkeiten und Ressourcen.
Eine bewusste Steuerung und ausgewogene Prioritätensetzung sind entscheidend, damit Spitzen- und Breitensport sich gegenseitig stärken.
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