Sportlerportrait 01/2023 – Nina Sandrine Jazy (SG Essen)

Die 17-jährige Sprinterin hat den Sprung in die nationale Spitze geschafft

Fotos/Bericht:Peter Kuhne

 

In unserem ersten Sportlerportrait des noch jungen Jahres 2023 beschäftigen wir uns mit Nina Sandrine Jazy von der SG Essen, einer Schwimmerin, die im abgelaufenen Jahr 2022 gleich mehrfach mit herausragenden sportlichen Leistungen für Schlagzeilen sorgte. Höhepunkt hierbei war zweifelsohne ihr Titelgewinn über 50m Freistil bei den Junioren*innen-Europameisterschaften im Juli in Otopeni/Rumänien. Auf dieses Highlight gehen wir im weiteren Verlauf dieses Portraits noch ausführlicher ein. Zunächst schauen wir aber auf ihren Start ins Leben, das am 25. November 2005, einem Freitag, mit ihrer Geburt in Recklinghausen begann. Beherrschendes Thema dieses Tages war ein Wetterereignis, das vor allem das Münsterland erschütterte. 12 Stunden ununterbrochener Schneefall sorgte in den Kreisen um Münster herum für ein Schneechaos. 82 Strommasten brachen unter der Last zusammen und kappten die Stromversorgung von 250.000 Menschen. Die meisten Menschen im Münsterland waren vom Rest der Republik abgeschnitten. Fünf Tage dauerte es, bis es überall wieder hell war. Neun Monate später feiern die Medien einen „Babyboom nach dem Stromausfall“, der sich statistisch aber nicht belegen lässt. Ninas Geburtstag war also auch unter diesem Gesichtspunkt ein besonderer Tag.

Nina Sandrine Jazy wohnt unter der Woche im Sport- und Tanzinternat Essen. Am Wochenende hingegen wohnt sie bei ihren Eltern in Recklinghausen. In Essen geht sie auch zur Schule, und zwar besucht sie das Helmholtz-Gymnasium, eine Eliteschule des Sports, das in unmittelbarer Nähe des Internats angesiedelt ist. Sie geht in die 11. Klasse oder auch Q1 genannt. Dadurch, dass ich in der Woche im Internat wohne, sind die Wege zur Schule sehr kurz. Da muss man dann nicht ganz so früh aufstehen“, erzählt uns Nina. Ihr Abitur will sie im Jahr 2025 machen. „2025 deshalb, weil ich mein Abitur strecke. Ich mache ein Jahr länger, da habe ich es leichter mit dem Training. Durch die Streckung habe ich nicht ganz so viele Wochenstunden in der Schule und nur die Hälfte der Fächer“, so Nina. Konkrete Pläne, was sie nach dem Abitur machen wird, hat sie noch nicht. Sie geht jedoch davon aus, dass sie studieren wird.

Ein bestimmtes Lebensmotto hat sie nicht, jedoch besitzt sie einige Glücksbringer „Ich habe beim Wettkampf einen kleinen Beutel dabei. Da sind ein paar Glücksbringer drin, die ich von manchen Menschen bekommen habe und die mir wichtig sind. Das sind mehrere Dinge. Ich glaube daran, dass sie mir ein bisschen Glück bringen. In dieser Hinsicht bin ich ein bisschen abergläubisch“, erklärt uns Nina. Ihre Eltern sind früher auch geschwommen. Ihre Mutter war im Jugendbereich auch recht erfolgreich. Sie hat bei Deutschen Jahrgangsmeisterschaften einige Titel gewonnen. Geschwister hat Nina keine. Zum Schwimmsport ist sie über das Babyschwimmen und Schwimmkurse, wo man unter anderem das Seepferdchen macht, gekommen. Diese Anfänge machte sie in Recklinghausen, ging dann aber etwas später nach Erkenschwick, wo sie ein paar Jahre beim SV Neptun Erkenschwick im Verein geschwommen ist. Danach wechselte sie zum SV Neptun Recklinghausen. „Ich bin da bis Mitte 2020 geschwommen. Ich wollte dann aber weiter mehr in Richtung Leistungssport. Bis dahin war das bei mir noch gar nicht so stark ausgeprägt. Ich bin dann zur SG Dortmund gewechselt. Da habe auch mit Frühtraining angefangen. Ich kann sagen, dass ich ab dann so richtig Leistungssport getrieben habe. Im Februar 2022 bin ich dann zur SG Essen gegangen. Der größte Grund, warum ich jetzt hier in Essen bin ist, dass Stephan Wittky, der schon in Dortmund mein Trainer war, ebenfalls zur SG Essen gegangen ist. Aber auch das mit der Schule und dem Internat ist ein wichtiger Grund. Es liegt alles nah beieinander und es gibt kurze Wege. Es ist so alles einfacher, auch weil man nicht immer nach Hause fahren muss“, sagt Nina. Sie schätzt an der SG Essen auch, dass angefangen von den Trainingsgruppen bis hin zu den Trainern sehr leistungsorientiert gearbeitet wird, aber trotzdem alles sehr harmonisch verläuft.

Wenn sie nicht Schwimmerin wäre, würde ihr Turnen voll Spaß machen, aber auch für Leichtathletik, hier vorzugsweise Hochsprung kann sie sich als Sport vorstellen, den sie betreiben würde. Mit Sicherheit würde sie jedoch keine Ballsportarten machen. „Mit Bällen kann ich absolut nicht umgehen. Basketball, Fußball, das klappt alles gar nicht und es reizt mich auch nicht“, lacht Nina.

Als ihre persönlichen Helden nennt sie ihre Eltern bzw. ihre ganze Familie. „Meine Familie ist bei Wettkämpfen immer dabei. Ich empfinde es als Motivation, wenn man sie dort sieht und man möchte sie dann auch stolz machen. Die waren auch bei der JEM und kommen regelmäßig zu Wettkämpfen nach Berlin“, sagt Nina. Es gibt auch ein paar schwimmerische Vorbilder, beispielsweise die australische Freistilschwimmerin Emma McKeon, die bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio sieben Medaillen, davon viermal Gold gewann oder auch den Amerikaner Michael Phelps.

Nina Sandrine Jazys Lieblingsdisziplinen sind die kurzen Freistilstrecken von 50m bis 200m. Im Training schwimmt sie gerne auch mal längere Strecken, im Wettkampf, wenn es sein muss auch schon mal die 400m Freistil. In erster Linie schwimmt sie aber die 50m bis 200m, wobei die 200m auch nicht mehr so gerne. Was sie nicht mag, ist Rücken. „Ich würde gerne Rücken schwimmen können, aber ich kann es nicht. Mein Trainer Stephan Wittky hat das nie verstanden, dass eine Kraulschwimmerin nicht Rückenschwimmen kann, obwohl es eine ähnliche Schwimmart ist. Ich kann es aber wirklich nicht“, schmunzelt Nina.

Nach ihren bisher schönsten Erlebnissen im Schwimmsport befragt, antworte sie: „Ich habe definitiv mehrere. Eigentlich sind alle Erlebnisse im Schwimmsport sehr, sehr schön. Wenn ich mich aber festlegen müsste, sage ich die JEM in Rumänien im letzten Jahr, wo ich über 50m Kraul die Goldmedaille gewonnen habe. Auch der Gewinn der Bronzemedaille mit der 4x100m Kraulstaffel war schon ein sehr schönes Erlebnis, vor allem weil wir Mädels das als Team geschafft haben. Das haben wir richtig genossen“, erzählt Nina mit viel Stolz. Im deutschen Staffelquartett stand übrigens mit Celina Springer von der SG Dortmund eine weitere Schwimmerin aus dem SV NRW und im Vorlauf wurde mit Julianna Dora Bocska eine Mannschaftskameradin von der SG Essen eingesetzt. „Der Wettkampf war aber generell richtig schön. Da blicke ich gerne drauf zurück. Ich bin mit der Einstellung dahin gegangen, dass ich mein Bestes abrufen möchte. Ich wollte auch dass ich Bestzeit schwimme, also meine bestmögliche Performance raushole. Ich habe auf jeden Fall auf eine Medaille gehofft. Nach dem Halbfinale habe ich mir natürlich die Goldmedaille sehr, sehr gewünscht. Aber als ich dann im Finale stand, habe nicht mehr wirklich daran gedacht. Ich wollte nur, dass es ein unbeschreibliches Rennen wird. Da habe nicht mehr unbedingt an die Medaille gedacht“, erinnert sich Nina Sandrine Jazy.

Ninas Lieblingsbad, was Training angeht, ist das Schwimmzentrum Essen Rüttenscheid. Was Wettkämpfe angeht, ist die Schwimm- und Spunghalle im Europasportpark Berlin ihr Lieblingsbad. Auch deswegen, weil sie dort immer ganz gut geschwommen ist. Was sie nicht so mag, ist die Langbahn im Schwimmleistungszentrum Wuppertal. Von der Bahnlänge schätzt sie die Langbahn mehr als die Kurzbahn und auf der Langbahn liegt auch ihr Fokus. Defizite hat Nina nach eigenem Bekunden noch in der Technik, im Kicken und im Beineschwimmen. „Was die Technik angeht, brauche ich schon lange, bis ich mal etwas gut hinbekomme. Da muss mein Trainer Stephan schon ein bisschen geduldig mit mir sein“, gibt Nina zu.

Trotz der noch vorhandenen Defizite ist Nina Sandrine inzwischen in der deutschen Spitze angekommen. In der Top 100 Bestenliste des DSV für das Jahr 2022 steht sie auf der 50m Bahn über 50m Freistil auf dem ersten Platz, über 100m ist sie Dritte. Auf der 25m Bahn steht sie über 50m und 100m Freistil jeweils auf Rang zwei. „Dass ich schon so weit gekommen bin, habe ich meinem Trainer zu verdanken. Ich glaube, Stephan weiß schon, was er da macht“, zollt Nina ihrem Coach großes Lob. In der offenen Klasse gewann sie bei den Deutschen Meisterschaften 2022 den Titel über 50m Freistil auf der Langbahn. Auf der Kurzbahn wurde sie über 50m und 100m Freistil jeweils Zweite. 2021 gewann sie bei den Deutschen Kurzbahnmeisterschaften über 50m Freistil die Silbermedaille. Bei Deutschen Jahrgangsmeisterschaften gewann Nina 2021 und 2022 zwei Gold- und vier Silbermedaillen. Bei den SV NRW-Meisterschaften 2022 holte sie drei Titel in der offenen Klasse. Gleich zweimal, nämlich 2021 und 2022 stand sie im DSV-Team für die Junioren*innen Europameisterschaften. 2021, noch in den Farben der SG Dortmund, wurde sie über 50m Freistil Achte. Mit den deutschen Staffeln belegte sie zweimal Rang sechs. Die JEM 2022 in Otopeni/Rumänien toppten die Ergebnisse bei weitem. Neben dem Gewinn der bereits erwähnten Goldmedaille über 50m Freistil und der Bronzemedaille mit der 4x100m Freistilstaffel der Frauen stand sie über 100m Freistil noch im Halbfinale, wo sie Rang dreizehn belegte. Im Finale über 4x200m Freistil der Frauen belegte das deutsche Team mit Nina Sandrine Jazy als Startschwimmerin Platz sechs. Sie stellte 2022 gleich mehrfach neue deutsche Altersklassenrekorde auf. Die herausragenden Leistungen des Jahres 2022 von Nina blieben in der Stadt Essen nicht unbemerkt. Bei den Wahlen zu den Sportler*innen des Jahres der Ruhrmetropole wählten die Essener Nina zur Newcomerin des Jahres.

Was ihre sportlichen Ziele angeht, äußerst sich Nina eher zurückhaltend. Ich will zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu weit ausholen. Ich möchte mich aber auf jeden Fall weiter steigern. In Deutschland weiter gut sein, um mich auch international zu qualifizieren. Das gilt für dieses und auch für die nächsten Jahre“, sagt Nina.

Außergewöhnliche Hobbys hat sie nicht. „Wenn ich mal Freizeit habe und dann mal zu Hause bin, das ist ja meistens am Wochenende, da ruhe ich mich einfach gerne aus und schlafe einfach viel. Ich gehe gerne shoppen, aber auch gerne mit meiner Familie spazieren. Wenn ich mal richtig Zeit habe, dann backe ich auch mal gerne. Ich glaube am besten gelingt mir Buttercremetorte“, gibt Nina zu verstehen. Als ihre Wunschreiseziele nennt sie Amerika, oder auch Bali und/oder Australien. Fernsehen schaut sie nicht sehr viel. Zwischendurch mal Netflix. Große Vorlieben hat sie da aber keine. Was sie jedoch immer wieder gucken kann, sind Harry Potter-Filme. Mit ihrer Aussage, was ihre musikalischen Vorlieben sind, überraschte sie uns ein wenig. „Was ich richtig gerne höre sind Schlager. Die höre ich tatsächlich auch manchmal auf dem Wettkampf. Auf bestimmte Leute kann ich mich da nicht festlegen. Ich habe mir irgendwann einmal so eine Schlagerplaylist heruntergeladen. Da höre ich alles rauf und runter“, erzählt uns Nina. Was sie musikalisch nicht gerne mag, ist Deutsch-Rap.

Als wir sie nach ihrem Lieblingsessen fragten, bekommt Nina glänzende Augen. Mein Lieblingsessen ist definitiv Steak. Ein richtig schönes Filetsteak medium, schön von meinem Papa zubereitet. Der kann das richtig gut oder von meinem Onkel, der kann das auch gut“, gerät Nina ins Schwärmen. Dazu passt, dass der Ort, wo sie sich am liebsten aufhält, ihr Zuhause ist. Sie genießt aber auch Urlaube am Meer, wo sie sich entspannen kann. Zu Eigenschaften, die ihr fehlen sagt sie „Ich bin absolut nicht geduldig. Am besten muss bei mir alles sofort funktionieren. Auf was warten und geduldig sein, kann ich gar nicht“. Glücklich machen kann man sie auf jeden Fall mit guter Laune und zwischendurch ein paar Süßigkeiten. Außerdem findet sie Blumen sehr, sehr schön. Das worüber sich Nina ärgern kann, liegt wieder im schwimmerischen Bereich. „Beinetest sind so gar nicht meins, wie zum Beispiel 400m Beine. Wir haben auch mal 1.000m Beinetest gemacht. Das war eine Nahtoderfahrung“, kommt es aus Nina spontan heraus. Worauf sie nicht verzichten kann, ist ihr Handy. Wenn sie drei Dinge mit auf eine einsame Insel mitnehmen dürfte, wäre das eben auch ihr Handy. Daneben noch ganz viel Essen und Trinken und vielleicht eine Schwimmbrille. Wenn man Nina Sandrine Jazy einen Flug mit nur einem Tag Aufenthalt schenken würde, möchte sie gerne nach Paris.Da war ich zwar schon, aber bei dieser Gelegenheit würde ich gerne ins Disneyland. Ich war da zwar auch schon, aber da war ich erst sechs“, sagt Nina.

Ihre Wünsche ans Leben sind gut nachvollziehbar „Ich möchte auf jeden Fall gesund bleiben, meine Ziele erreichen, weiterhin immer glücklich sein und immer ein schönes Leben führen“, lauten Ninas Schlussworte, die am 25. November 2022 ihren 17. Geburtstag feiern konnte. Dazu passt für Schlagerfan Nina Sandrine Jazy vielleicht der Hit aus dem Jahr 1965, gesungen von der Amerikanerin Peggy March, der da lautet: „Mit 17 hat man noch Träume“.

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